Sonntag, 21. Juni 2009
118. Fahrt, Juni
Fr 16.55
München - Köln
Früh am Zug, ist ja eine spezielle Zeit, ein spezieller Tag zum Reisen. Sitze im Bahn.Comfort, Gang.

Ein Mann kommt, sagt streng und kurz angebunden zu der Frau vor mir am Tisch: "Machen Sie den Platz frei!" Sie hatte ihr Zeug drauf.
Mehrmals wird nach dem Bahn.Comfort-Status gefragt.
Als wir losfahren, stehen Leute im Gang. Die nicht weiter können, weil dieser verstopft ist.

Diese Woche bin ich übrigens üppig mit der Bahncard100 in München hin- und hergefahren.

Einer der Schaffner ist sehr fleißig, weist sogar meinem Nachbarn daraufhin, wo er sein Gepäck hintun soll. Möglicherweise eine seiner ersten Fahrten als Schaffner?

Hinter mir sitzen zwei sehr gesprächige junge Frauen. Sie kannten sich vorher nicht, reden reden reden immer weiter über endlose alltägliche
Details. Eine schreibt eine Diplomarbeit im technologischen Bereich. Die andere studiert nicht, hat auch keine Ahnung von Unis etc, wie sie selber wiederholt zum Ausdruck bringt.. Nach Nürnberg reden sie immer noch. Über Instantkaffees, fertige Salatdressings.

An den Tisch vor mir setzt sich in Nürnberg ein Paar, mittelalt, das extrem turtelig ist. Vor allem sie strahlt ihn ständig total verliebt an.

Hinter mir geht es weiter mit Laktose-Verträglichkeit, fettarme Milch, Süßstoffe.

Der Wagen ist heute mal wieder extrem kalt. Nach Würzburg wird es noch kälter, aber dafür ist er nicht mehr sehr voll.

Hinten geht es weiter. Die eine sagt von sich selbst, sie wäre Labertasche. Vollkommen naiv bzw. ohne Zurückhaltung fragt sie und fragt sie und fragt sie. Die Studentin macht gut gelaunt mit. Jetzt sind es
Vor- und Nachteile verschiedener Fahrzeuge.
Dann Bahn-Ticketautomaten, Bahn-Schalter. Es stellt sich heraus, dass die gesprächige Ahnungslose Beraterin bei einer Bank ist. Sie findet es spät im Leben, wenn jemand mit 21 nochmal eine Ausbildung anfängt. Sie ist tatsächlich in mehreren Bereichen extrem ahnungslos, was ihr kein bischen peinlich ist.

Eine junge Frau setzt sich um, an den freien Tischplatz. Mit Laptop. Rote lange Fingernägel, die rosane Computer-Maus hält sie auf dem Oberschenkel. Spielt irgendein Computerspiel, bei dem man farbige Steine wegklickt.

Hinten reden sie immer noch. Kleider, Waschen, usw.

Die Turtler turteln. Die Ahnungslose weiß, dass sie keine Ahnung hat. Jetzt sind Hochzeiten dran.

In Würzburg steigt die Vielrednerin aus. Die Studentin sagt, "war nett". Ich habe die Ahnungslose kein einziges Mal gesehen, weiß nicht, wie sie aussieht. Was mich bei den Beiden erstaunt, ist wie vollkommen offen und freundlich sie unterschiedlicher
Meinung sein können, wie offen sie alles Mögliche fragen. Die Studentin sagte zum Thema Bahntickets am Automaten, "du weißt zu wenig". Ich würde mir nicht trauen, so was zu sagen, fände es unhöflich.
Erkennt die Ultragesprachige bei der Wahl des Platzes, wer sich auf ein Dauergespräch mit Ihr einlässt? Der Studentin passiert es wohl öfters, dass sich Leute im Zug mit ihr unterhalten und ihr auch "ganz Persönliches" erzählen. So sagt sie jedenfalls.

Das Stein-Klick Spiel geht endlos weiter. Die Turtler turteln sich endlos an. Ich spiele zu viel und zu sinnlos das Kartenspiel auf dem iPod.

Die Turtler sind rührend, wie Teenager. Teilweise umklammern sie sich regelrecht, mit einer Verzauberung in den Augen, als wäre diese banale
Fahrt mit dem ICE ein Wunder, ihr Zusammensein ein Wunder, vom Krebs geheilt, aus dem Gefängnis entlassen, einfach nur endlich zusammen - wer weiß, welche Geschichte dahinter steht. Die Frau ist nicht gerade attraktiv, aber auch nicht häßlich.

Im schönen Tälchen vor Aschaffenburg bleiben wir stehen. Durchsage: "außerplanmäßiger Halt, der Grund ist mir unbekannt." Der Schaffner-Neuling,
der gerade an mir vorbeiläuft, bleibt stehen, hört zu, geht dann gespannt und schnell weiter Richtung Bistro. Aber kurz darauf geht es schon weiter. Hier
in dem schönen Tal wäre ich jederzeit ausgestiegen.

Die pummelige Computerspielerin trägt eine Sportjacke mit der Aufschrift SKG Gräfenhausen oder so.

Durchsage: "ein vorausfahrender Nahverkehrszug."

Vor Aschaffenburg stehen die Glücklichen auf. Möglicherweise ist er etwas älter. Und sie wirkt nur wegen ihrer Unförmigkeit etwas älter als sie ist.

Durchsage: ""egen eines Notarzteinsatzes an unserem Zug halten wir außerplanmässig in Hanau." Sie sagen tatsächlich "an unserem Zug". Wir halten in der Abendsonne, von unserem Ende des Zuges sieht man keine Sanitäter, einige Fahrgäste stehen draußen und rauchen.

Mein Nachbar liest "Die Ideenmaschine" oder so. In FFM setze ich mich um. Der Zug ist ziemlich leer, ist ja auch spät dran. Schönes Abendlicht nach Frankfurt Flughafen.

In Köln schönes Wetter und noch ganz hell.15 min zu spät, wegen Notarzteinsatz.

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